Herzlich Willkommen in der
Evangelischen Verheißungskirchengemeinde Neuenhagen-Dahlwitz

„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“1. Petrusbrief 3,15b; Monatslosung für April

„Seid bereit! — Immer bereit!“ wurden wir zu DDR-Zeiten beim Fahnenappel indoktriniert. Der fast militärische Gruß, auf dem Schulhof und im Klassenzimmer sollte uns vorbereiten. Und worauf? Die Umwelt des Petrusbriefes ist der jungen Christengemeinde feindlich gesinnt. Christsein, bzw. das Bekenntnis zu Christus war strafbar, weil es den herrschenden Kaiserkult ablehnte. Der Apostel mahnt die Gemeinde, ein vorbildliches Leben zu führen (V 11 „wende dich ab vom Bösen und tue Gutes, suche den Frieden und jage ihm nach“), ja sogar ihre Verfolger zu segnen. Ist das Leidenssehnsucht, sogar Sehnsucht nach dem Martyrium? 

Für Petrus (oder den Paulusschüler, der in seinem Namen schreibt) ist das Leiden für den Christen eine Auszeichnung, da es ihn in die Gemeinschaft der Nachfolge mit Christus bringt: Wir leben in Hoffnung auf das Reich Gottes, und darum kann es uns nicht besser ergehen als unserem Herrn. Seid frei von Menschenfurcht! Vielmehr gebt mutig Zeugnis von eurem Glauben!

Die Fahnenappelle habe ich damals als Kind mitgemacht, ich kannte es nicht anders. Seit ich aber Christ bin, seit ich mich bemühe, „Christus im Herzen zu heiligen“ (V 15a), kann ich nicht mehr alles mitmachen. Ich habe ein Vorbild, dem ich nachfolge. Meine Identität ist unzerstörbar an Jesus Christus gebunden. Das unterscheidet mich und meine Umwelt auch heute noch. Ich treffe andere Entscheidungen. Ich lege mein Geld nicht in Profitmaximierung an, und ich widme meine Zeit anderen Werten. Ich übe mich in der Sprachschule des Glaubens. Ich möchte und ich muss begründen, worin meine Hoffnung gründet. Ich will allezeit bereit sein, Rechenschaft zu geben, vor Gott und den Menschen.

„Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben.1. Korinther brief 6,12, Monatslosung für Mai

Ein hoch interessanter Bibelabschnitt! Christ zu sein befreit! Christsein bindet! Martin Luther sagte: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und zugleich ein Knecht in allen Dingen.“ Die Ethik lehrt: Es gibt eine Freiheit von, und eine Freiheit für. Ein schönes Beispiel für den richtigen Gebrauch der Freiheit gibt Paulus, wenn er im 10. Kapitel schreibt: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles baut auf.“ Wenn der Gebrauch meiner Freiheit andere belastet, dann ist es nicht gut. Beim Gebrauch der Grundrechte in unserer Verfassung wird das beherzigt: Die Grenzen meiner Freiheit sind dieselben Grundrechte des Mitmenschen. Alles ist mir erlaubt, aber schon gar nicht Essen oder Trinken soll Macht über mich haben. Andere übersetzen: Nichts soll mich gefangen nehmen. Denn, so schreibt Paulus: „Wir sind von Sünde reingewaschen und teuer erkauft, darum soll mich nichts wieder gefangen nehmen.“ Paulus spricht von einem Herrschaftswechsel. Eigentlich können uns die Mächte dieser Welt nichts mehr anhaben, sie sind gerichtet. Ob manche Korinther diese neue Freiheit in Form von sexueller Freizügigkeit ausgenutzt haben? In christlichen Gemeinschaften hat es darum immer beide Haltungen gegeben. Absolute Freiheit (Libertinismus) und die „Bändigung“ der Freiheit durch selbstgewählte Askese. Das ist sicherlich an die Vorstellung angelehnt, dass „unser Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist“; wir also nicht uns selbst gehören. Wieviel darf ich sündigen, ohne meine Seligkeit zu gefährden?

Ob es nun eine reine Nutzenethik oder eine Werteethik ist (Utilitarismus; die größtmögliche Summe des Glücks nur für mich oder auch andere? Oder als ein höchster Wert das Leben, die Menschenwürde oder das Gemeinwohl, bei Paulus: Erlösung und Seligkeit); in unserer Lebenspraxis werden wir immer abwägen. Der Glaube an unseren Herrn Jesus ist dabei unser Maßstab. Martin Niemöller hat sich die Frage gestellt: Was würde Jesus dazu sagen? Jugendliche tragen oft Armbänder mit den Buchstaben WWJD? (what would Jesus do?) Das finde ich gut. Es erinnert mich an mein Vorbild, an Jesus, der zu mir sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Meine Nachfolge wird — im Alltag Kompromiss-beladen — wohl immer ungenügend bleiben. Aber für meine Alltagskompromisse brauche ich einen Maßstab, der mich weder überfordert (wie ein selbstgewählter Maßstab es könnte), noch der völligen Beliebigkeit ausliefert. Denn: zur Freiheit hat uns Christus befreit! (Galaterbrief 5,1).

Ihr Pfarrer Sven Täuber